Risikobewertung niederfrequenter elektromagnetischer Felder

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Wesentliche Defizite bei der Herleitung der Grenzwerte
– immer noch auch 2016

Zusammenfassung

Die geltenden Grenzwerte sind unzulänglich im Hinblick auf einen ausreichenden Schutz vor möglichen negativen gesundheitlichen Wirkungen niederfrequenter elektromagnetischer Felder aus folgenden Gründen:

- Sie berücksichtigen nicht den etablierten Stand der Wissenschaft,  wie er sich ergibt aus der Erklärung von gesundheitlichen Schädigungen auf der Ebene der Molekularbiologie, speziell der molekularen Signalverarbeitung. Zwei Grundelemente bei der Herleitung der Grenzwerte widersprechen den Konsequenzen aus dem Erkenntnisstand der molekularen Signalverarbeitung: die zeitliche Beschränkung auf unmittelbare Effekte und die lokale Beschränkung der Berücksichtigung der Einwirkung des elektrischen Feldes nur am letzlich reagierenden Gewebe.

- Die Herleitung der Grenzwerte beruht wesentlich nur auf der Bestimmung von Wahrnehmungsschwellen inadäquater Reize an Sinnesrezeptoren. Das ist ganz sicher nicht ausreichend, um repräsentativ für die Schwellen von Störungen wichtiger gesundheitsrelevanter Signalprozesse zu sein.

- Neben den grundsätzlichen Mängeln des gewählten Ansatzes zur Herleitung der Grenzwerte häuft sich die massive Kritik an der Art der Durchführung des gewählten Ansatzes, selbst aus dem Kreise der Organisationen, die früher die jetzigen Grenzwerte maßgeblich mitbestimmten. Zu den Kritikpunkten gehören (u.a.)


  - Defizite bei den verfügbaren Information aus Messungen zu den benötigten physikalischen   Gewebeparametern,
  - Defizite bei den verschiedenen benötigten Simulationsmodellen zur Berechnung von Basisgrenzwerten  (für die Wirkungen im Körper) und den gesetzlichen Grenzwerten (Referenzwerte außerhalb des Körpers),
  - Defizite im Zusammenhang mit den Probandentests zur Ermittlung der Erregungsschwelle  von Sinnesrezeptoren.

Vielen scheint nicht bewusst zu sein, dass die geltenden Grenzwerte ganz wesentlich auf Berechnungen beruhen, deren Ergebnisse maßgeblich von stark vereinfachten Modellannahmen und unzureichenden experimentellen Informationen bestimmt sind.  

Inhaltsübersicht

Einleitung: Grenzwerte – Anspruch und Realität
Teil I:  Rekapitulation: Herleitung der Grenzwerte  

Teil II: Defizite bei der Herleitung der Grenzwerte
II.1) Grundsätzliche Mängel des gewählten Ansatzes
II.1.1) Etablierter Stand der Wissenschaft nicht berücksichtigt
II.1.2) Wesentliche Einschränkung möglicher physiologischer Störungen
II.1.3) Unbefriedigender Lösungsansatz zur Problembehandlung
II.2)  Mängel bei der Durchführung des gewählten Ansatzes
II.2.1) Probandentests
II.2.2) Simulationsmodelle
II.2.3) Berechnungsverfahren

 Einleitung: Grenzwerte – Anspruch und Realität

 In der Erwartungshaltung der betroffenen Bevölkerung und in der tatsächlichen Argumentation in der Praxis dienen die Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit vor  elektromagnetischen Feldern [1]. In Bescheiden und Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts - speziell auch im Zusammenhang mit Höchstspannungsleitungen - wird auch noch in letzter Zeit zu ausreichendem Gesundheitsschutz auf die bestehenden Grenzwerte [1] verwiesen. Dass diese (im Wesentlichen  20 Jahre alten)  Grenzwerte dafür ungeeignet oder unzulänglich seien, ließe sich noch gar nicht abschätzen.  Dem stehen inzwischen die wissenschaftichen Erkenntnisse der letzten 20 Jahre entgegen. Selbst aus dem Kreise der Organisationen, die früher die jetzigen Grenzwerte maßgeblich mitbestimmten, wird inzwischen massive Kritik an der Herleitung der geltenden Grenzwerte geübt.

Zur  besseren Nachvollziehbarkeit der Unzulänglichkeiten bzw. Defizite der geltenden Grenzwerte sei im Teil I noch einmal an die Herleitung der Grenzwerte erinnert (speziell an die, die für Hochspannungsleitungen gelten):

Teil I:  Rekapitulation: Herleitung der Grenzwerte  

Die zur Herleitung verwendeten wissenschaftlichen Grundlagen beruhen auch heute noch zum allergrößten Teil auf der Auswertung der wissenschaftlichen Literatur vor 1996. (Die nachfolgende wissenschaftliche Literatur wurde zwar auch verfolgt, findet aber im Wesentlichen keine Berücksichtigung in den Grenzwerten oder in begleitenden Restriktionen.)

 1. Schritt zur Herleitung:  Festlegung der Basisgrenzwerte

 Abgeleitet werden die Grenzwerte aus anerkannten akuten Effekten niederfrequenter elektromagnetischer Felder, konkret im Wesentlichen aus den Erregungsschwellen „inadäquater“ Reizungen von Sinnesrezeptoren [2][3][4], und zwar mit Hilfe von Probandenversuchen. Dazu ist die Kenntnis der Stärke der Felder am Wirkort (Sinnesrezeptor) notwendig. Direkte Messungen im Körper waren aber nicht möglich. Deshalb wurden die Erregungsschwellen außerhalb des Körpers gemessenen Feldern zugeordnet. Diese Messwerte außerhalb des Körpers werden umgerechnet auf Feldstärken am angenommenen Wirkort im Körper mit Hilfe von einfachen Modellannahmen.
Daraus werden die sogenannten Basisgrenzwerte bestimmt  (unter Annahme zusätzlicher „Sicherheitsfaktoren“).  Der Basisgrenzwert soll der Wert der elektrischen Feldstärke am Wirkort im Körper sein, unterhalb von dem keine nachgewiesenen unmittelbaren „Gesundheitseffekte“ auftreten.

       Bestimmung der Basisgrenzwerte:  Übersicht:

Erregungsschwellen aus Probandenversuchen festgelegt bei  gemessen Feldern ex Körper

  ↓

Berechnung der Felder am Wirkort im Körper

mit Hilfe eines einfachen Simulationsmodells                      

  ↓

 Festlegung der Basisgrenzwerte im Körper

 
2. Schritt zur Herleitung:  Festlegung der Referenzwerte
Referenzwerte = gesetzliche Grenzwerte nach der 26. BImSchV [1]

Zur Festlegung leicht überprüfbarer (messbarer) Grenzwerte wurden Referenzwerte für Felder außerhalb des Körpers festgelegt, die zu den festgelegten Basisgrenzwerten im Körper führen sollen. Diese Referenzwerte wurden mit Hilfe von vereinfachten Körpermodellen aus den Basisgrenzwerten berechnet.

 Bestimmung der Referenzwerte:  Übersicht:       

Basisgrenzwerte  im Körper

  ↓

 Rückrechnung der Felder der Basisgrenzwerte im Körper auf zugehörige Felder außerhalb des Körper mit Hilfe von vereinfachten Körpermodellen                      

  ↓

 Festlegung der Referenz-/Grenzwerte ex Körper

 
Teil II: Defizite bei der Herleitung der Grenzwerte

Die Defizite lassen sich unterteilen in
II.1)  Grundsätzliche Mängel des gewählten Ansatzes
II.2)  Mängel bei der Durchführung des gewählten Ansatzes

II.1) Grundsätzliche Mängel des gewählten Ansatzes

II.1.1) Etablierter Stand der Wissenschaft nicht berücksichtigt

Der wesentliche grundsätzliche Mangel besteht darin,  dass der etablierte Stand der Wissenschaft nicht berücksichtigt wird. Der Anspruch der Basisgrenzwerte ist eine direkte Verknüpfung inadäquater, letztlich unerwünschter physiologischer Effekte mit der Stärke des elektrischen Feldes am Wirkort im Körper.
Nach dem etablierten Stand der Wissenschaft wird die Entstehung und Erklärung von physiologischen Störungen bzw. gesundheitlichen Schädigungen auf der Ebene der Molekularbiologie untersucht, speziell der molekularen Signalverarbeitung.

Daraus folgt u.a.:

 >>>  Eine zeitliche Beschränkung auf unmittelbare Effekte erfasst  nicht einen wesentlichen Anteil der Entstehung wichtiger Krankheiten.
>>>  Eine lokale Beschränkung der Berücksichtigung der Einwirkung des elektrischen Feldes nur am letzlich reagierenden Gewebe wird den Auswirkungen molekularer Signalverarbeitung nicht gerecht.

Fazit:  Der Ansatz für Basisgrenzwerte muss dem Tatbestand  der molekularen Signalverarbeitung Rechnung tragen. Die Basisgrenzwerte, die das nicht tun, sind i.a. nicht aussagefähig  für andere gesundheitliche Effekte als für die speziellen, aus denen sie abgeleitet wurden.

 Auch die Annahme noch so großer „Sicherheitsfaktoren“ kann keine Effekte abdecken, die im Simulationsmodell, das zur Berechnung angewendet wird, gar nicht berücksichtigt sind.

Anmerkung:  Die zugehörige wissenschaftliche Literatur der letzten 20 Jahre ist voll von entsprechenden Publikationen, inklusive konkreter Vorschläge für moleklarbiologisch begründete Ansätze für Basisgrenzwerte.


II.1.2) Wesentliche Einschränkung möglicher physiologischer Störungen

 II.1.2.1  Beschränkung nur auf akute Effekte

Bei der Herleitung der Grenzwerte bezog man sich dezidiert  nur  auf  akute Wirkungen elektromagnetischer Felder [4].

 II.1.2.2  Beschränkung auf Wirkungen an Sinnesrezeptoren

>>>  Die Betrachtung der durch das externe Feld verursachten Spannung direkt an der Membran einer Nervenzelle [4] ist ganz sicher nicht ausreichend, um repräsentativ für die Auswirkungen von Störungen wichtiger gesundheitsrelevanter Signalprozesse zu sein.

Ein Beispiel für die Unzulänglichkeiten dieser Beschränkungen ist, dass nicht nur die „inadäquate“ direkte Erregung von Zellen zu Schäden führen könnte, sondern auch die Behinderung von Schutzsystemen (z.B. gegen UV-Strahlung). Die Folgen davon betreffen i.a. dann nicht nur den primär vom elektrischen Feld betroffenen Zelltyp oder ein spezielles Gewebe.

 >>>  Im ursprünglichen Anspruch und in der tatsächlichen Argumentation in der Praxis dienen die Grenzwerte zum Schutz vor gesundheitlichen Schäden, nicht nur zum Schutz vor kurzfristigen inadäquaten nervlichen Reizen!


II.1.3) Unbefriedigender Lösungsansatz zur Problembehandlung

 Vom Grundansatz her unbefriedigend sind:

(A) Der Schluss zuerst von Feldern außerhalb des Körpers auf Felder im Körper und dann wieder zurück von Feldern im Körper auf Felder außerhalb des Körpers zur Herleitung der Grenzwerte.
Durch die „Hin- und Zurückrechnung von externen auf interne und wieder zurück auf externe Feldstärken summieren (vervielfachen z.T.) sich die durch die jeweiligen Modellannahmen bedingten Fehler (- bedingt z.B. durch Näherungen oder Unkenntnisse).

(B) Die Abhängigkeit der Grenzwerte von Probandentests. 
Abgesehen vom Problem der Güte der Probandentests beruhen damit die Grenzwerte nicht nur auf kausalen Gesetzmäßigkeiten, sondern auch auf statistischen Informationen.

 II.2)  Mängel bei der Durchführung des gewählten Ansatzes

Auch im Rahmen des gewählten Ansatzes ist massiver Verbesserungsbedarf angefordert worden; mehrfach gerade im laufenden Jahr [5][6][7][8],  nun auch aus dem Kreis von Organisationen wie z.B. IEEE [9] und FDA [10]. Die früheren Bewertungen und Empfehlungen von IEEE trugen maßgeblich zur Herleitung der jetzigen  Grenzwerte bei [11].   In der neuen Publikation der IEEE [5] werden 25 Punkte  zur Klärung bzw. Verbesserung angeführt, verteilt über den ganzen Bereich der Grenzwertfestlegung. Höchste Priorität wird für 9 Punkte genannt. Diese betreffen sowohl physikalische Messungen als auch die unterschiedlichen Simulationsmodelle und statistische Aspekte bei der Ermittlung der Reaktionsschwelle.  Als Prioritätskriterium wird ausdrücklich die Verbesserung der Festlegung akzeptabler Grenzwerte genannt!

Aus den Publikationen der letzten Zeit mit begründetem Verbesserungsbedarf seien nochmals drei Problembereiche etwas näher dargestellt:

 II.2.1) Probandentests
Der Basisgrenzwert  wurde im Wesentlichen  aus den Erregungsschwellen inadäquater Reizungen von Sinnesrezeptoren bestimmt [3][4], und zwar mit Hilfe von Probandenversuchen.
Eine detailliertere Befassung mit den ganzen Unzulänglichkeiten dieser Bestimmung  sprengt den hier gegebenen Rahmen.
Stellvertretend sind hier zwei kritische Zitate gegeben:

 „Obschon diese Werte weltweit Eingang finden in nationale Sicherheitsrichtlinien, herrscht Unsicherheit über die Erregungsschwellen und Unklarkeit über Wirkungsmechanismen und Wirkungsort der .. inadäquaten Reizungen von Sinnesrezeptoren, letzteres ist aber unabdingbare Voraussetzung zur Bestimmung der dort herrschenden Stromdichte.
Bei den bisherigen Untersuchungen wurden Wechselwirkungen mit Umgebungsparametern (wie z.B dem adäquaten Reiz) oder eine Adaption auf den inadäquaten Reiz nur teilweise berücksichtigt. Subjektive Einflussgrößen, wie z.B. Intention oder  Stress der Probanden, wurden nicht in Betracht gezogen.“  [12]

 „ Um die Variabilität der zellulären Erregbarkeit abzuschätzen, wurde ersatzweise die Wahrnehmungsschwelle für direkt angelegten Strom verwendet. Jedoch wurden bis vor kurzem die Daten zur Wahrnehmbarkeit von elektrischen Strömen nur von kleinen Gruppen gewonnen und führten zu kontroversen Ergebnissen, die sich um mehr als eine Größenordnung unterschieden“.  [13] *)

Auch die nachfolgenden Publikationen räumen wesentliche Schwachpunkte des gewählten Ansatzes nicht aus. Noch 2016 wird für die Herleitung des Basisgrenzwerts eine „in vivo-Validierung“  unter Berücksichtigung der statistischen Verteilung der in Versuchen ermittelten Reaktionsschwellen gefordert [5].

 II.2.2) Simulationsmodelle

 Zwei Typen von Simulationsmodellen werden für zwei verschieden Aufgaben bei der Herleitung der Grenzwerte verwendet (s.o. Schritt 1 und Schritt 2):
- ein Modell zur Verknüpfung der externen elektromagnetischen Felder mit den daraus berechneten Feldern an den Wirkorten im Körper (auch Induktionsmodell genannt),
- ein Modell für die Nervenerregung als Folge des induzierten elektrischen Feldes am Nerv   (auch Elektrostimulationsmodell genannt).

Die Publikationen aus letzter Zeit belegen mit zusätzlichen Untersuchungen deutlich die seit langem bekannten, in ihren Auswirkungen nicht akzeptablen Unzulänglichkeiten beider Modelltypen. Z.B.:

Wesentliche Schwachpunkte der verwendeten Induktionsmodelle werden noch 2016 in [5] und [8] genannt. Dazu gehören u.a. die Begrenztheit der verfügbaren Information aus Messungen zu den benötigten physikalischen Gewebeparametern, die mangelnde Berücksichtigung von Gewebeinhomogenitäten oder „anatomischer Details“, unberücksichtigte (starke) Einflussmöglichkeiten von Körperhaltung und –kontakt.
Ein Teil dieser Unzulänglickeiten ist auch mit den bei der Herleitung der Grenzwerte verwendeten „Sicherheits“faktoren keineswegs abgedeckt.
Eine naheliegende Hauptanforderung ist bisher nicht erfüllt, nämlich dass die Modelle so detailliert sein müssen, dass die Felder auf die Ausdehnungen der tatsächlichen Wirkeinheiten bezogen werden. Auf die extreme Heterogenität des lokalen elektrischen Feldes wurde u.a. 2003 in [14] hingewiesen. Diese ist innerhalb von Zelldimensionen bedingt ist durch „passive“ elektrische Eigenschaften (wie z.B. Widerstand) und aktive Wechselwirkungselemente (wie z.B. spannungsgesteuerte Kanäle) .
In Richtung dieser Hauptanforderung geht auch der in dem Forschungsprojekt ARIMMORA der EU [15] genannte dringende Bedarf nach einer „Transformationmatrix“ von der „Makrodosimetrie zur Mikrodosimetrie“ mit der Identifizierung wesentlicher molekularer Zielbereiche.

 Wesentliche Schwachpunkte im Zusammenhang mit den bisher angewendeten Elektrostimulationsmodellen werden ebenso auch 2016 noch in [5] und [6] genannt.
Mehrere der Annahmen zur Nervenstimulation, die der Ableitung der Grenzwerte zugrunde liegen, werden in Frage gestellt [6]. Beim Vergleich der verfügbaren Elektrostimulationsmodelle ergaben sich erhebliche Unterschiede, der Bedarf nach experimenteller Validierung und die Forderung nach zusätzlichen neuen Modellen zur Berechnung bisher nicht berücksichtigter Nervensystemkomponenten [7].
In [6] wird ein neues, grundsätzlich verbessertes Simulationsmodelle vorgestellt, das dazu dienen soll, „unter der Berücksichtigung realistischer anatomischer Gegebenheiten  Sicherheitskriterien  zu liefern, die auf der sicheren Seite liegen *)“.

 Zur Erinnerung:  Die hier genannten Modelldefizite dürfen aber nicht von der grundsätzlichen – bisher nicht erfüllten - Anforderung ablenken, dass auch bei notwendigerweise vereinfachten Modellen die Grunderkenntnisse aus der biomolekularen Signalverarbeitung berücksichtigt werden müssen (s. II.1).

 II.2.3) Berechnungsverfahren

 Zusätzlich zu den Defiziten, die durch die wissenschaftlichen Ansätze und fehlende experimentelle Daten und Validierungen bedingt sind, sind bei der Herleitung der Grenzwerte bzw. dem Verfahren zur Prüfung der Einhaltung der Basisgrenzwerte auch Unsicherheiten enthalten, die allein aus der Art der Durchführung der gewählten Berechnungsprogramme stammen können [4] [5][16].  So können z.B. die Ergebnisse von der Gewebe-Volumenelemente- Segmentierung, der Gitter-Auflösung oder den gewählten Zeitschritten abhängen. Die Auswirkungen dieser Unsicherheiten können durchaus substantiell sein [5].
Räumliche Mittelungen werden über Millimeterbereiche gemacht aus rechentechnischen  Gründen. Dieser Bereich ist i.a. um Größenordnungen größer als der Bereich des relevanten lokalen elektrischen Feldes für die tatsächliche Wirkeinheit (s. II.2.2).
I.a.W.: Modelle mit dieser groben Mittelung sind aus wissenschaftlichen Gründen ungeeignet.

 
              Zitate und Anmerkungen:

*) eigene deutsche Übersetzung

[1] Die Grenzwerte für elektrische Feldstärken und magnetische Flussdichten, die für Hoch- bzw. Höchstspannungsleitungen gelten, sind in der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung (2013) festgelegt.

[2] ICNIRP Statement, General approach to protection against non-ionizing radiation , Health Physics 82(4):540‐548; 2002

[3] ICNIRP  Guidelines for limiting exposure to time-varying electric, magnetic, and electromagnetic fields (up to 300 GHz), Health Physics 74 (4): 494-522; 1998.

[4] ICNIRP Guidelines for limiting exposure to time-varying electric, magnetic, and electromagnetic fields (1 Hz – 100 kHz), Health Physics 99(6):818‐836; 2010

[5] J.P. Reilly, A. Hirata, Low-frequency electrical dosimetry: research agenda of the IEEE International Committee on Electromagnetic Safety, Phys. Med. Biol. 61 (2016) R138–R149

[6] E. Neufeld, I.V. Oikonomidis, M.I. Iacono, L.M. Angelone, W. Kainz, N. Kuster,  Investigation of assumptions underlying current safety guidelines on EM-induced nerve stimulation, Phys. Med. Biol. 61 (2016) 4466–4478

[7] J.P. Reilly, Survey of numerical electrostimulation models, Phys. Med. Biol. 61 (2016) 4346–4363

[8] G. Schmid, R. Hirtl, On the importance of body posture and skin modelling with respect to in situ electric field strengths in magnetic field exposure scenarios,  Phys. Med. Biol. 61 (2016) 4412–4437

[9] IEEE-ICES: IEEE:  Institute of Electrical and Electronics Engineers (weltgrößter Berufsverband technischer Berufe),  ICES:  International Committee on Electromagnetic Safety 

[10] FDA:  Food and Drug Administration,  Center for Devices and Radiological Health, USA

[11] IEEE International Committee on Electromagnetic Safety on Non-Ionizing Radiation, IEEE Standard for Safety Levels with Respect to Human Exposure to Electromagnetic Fields, 0 to 3 kHz, (New York: IEEE)

[12]  G. Lindenblatt, Stromdichten in Rezeptorenbereichen bei Sinneswahrnehmungen in niederfrequenten elektromagnetischen Feldern, Dissertation, 17.2.2004, Berichter: Prof. Dr.-Ing. J. Silny (Leiter des „Forschungszentrums für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit“ der RWTH Aachen)

[13]  N. Leitgeb, J. Schröttner, R. Cech, Perception of ELF electromagnetic fields: excitation thresholds and inter-individual variability, Health Phys. 2007 Jun;92(6):591-5. (Institute of Clinical Engineering, Graz University of Technology)  
(Anmerkung:  Die Zitate [12] und [13] mögen dadurch an Gewicht gewinnen, dass sie aus zwei Instituten kommen, deren Leiter als langjährige Befürworter der jetzigen Grenzwerte und Mitglieder der Strahlenschutzkommission bekannt sind.)

[14] T. R. Gowrishankar, J. C. Weaver, An approach to electrical modeling of single and multiple cells,  Proc Natl Acad Sci U S A. 2003 March 18; 100 (6): 3203–3208

[15] ARIMMORA (Advanced Research on Interaction Mechanisms of electroMagnetic exposures with Organisms for Risk Assessment ), collaborative project funded by the European Commission within the 7th Framework Program, project start 1.10.2011.
Work Package WP7: Biophysical modeling
http://arimmora-fp7.eu/index.php?page=scientific-methodology-and-work-packages

[16] J. F Bakker, M.M Paulides, E. Neufeld, A. Christ, X.L. Chen, N.Kuster, G.C. van Rhoon,
Children and adults exposed to low-frequency magnetic fields at the ICNIRP reference levels:
theoretical assessment of the induced electric fields, Phys. Med. Biol. 57 (2012) 1815–182