::
25.8.17 Kommentar zum Forschungsprogramm des BfS
im Rahmen des Strahlenschutzes beim Stromnetzausbau
Kommentar-Zusammenfassung
● Das kommentierte Forschungsprogramm des BfS bezieht sich auf den Strahlenschutz speziell beim Stromnetzausbau.
●Damit Forschungsergebnisse zur Minimierung nicht akzeptabler oder vermeidbarer Gesundheitsrisiken beim Stromnetzausbau überhaupt nutzbar sein können, müssen sie vor der Fertigstellung des Großteils des Stromnetzausbaus verfügbar sein.
●Die beiden vorrangigen Kriterien zur Bewertung der Projekte liegen hier auf
(I) ihren Nutzen für hinreichende Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen,
(II) der Rechtzeitigkeit ihrer Ergebnisse.
●Die Bedeutung der vorgestellten Themenfelder wird wie vom BfS als hoch oder essentiell bewertet.
●Hingegen wird die Nützlichkeit einzelner Projekte z.T. stark abweichend vom BfS bewertet.
●Die Projekte 7.1, 7.2 ( Themenfeld 7 Exposition..) sollten vorrangig und erweitert bearbeitet werden, da sie als Planungshilfe für das Vorgehen bei anderen Projekten und als erste Entscheidungshilfe für Vorsorgemaßnahmen dienen können.
●Fast alle anderen Projekte werden anhand einer Bewertungstabelle als nicht rechtzeitig verfügbar eingestuft, d.h. als nicht nützlich im Rahmen des Stromnetzausbaus.
●Hemmfaktoren für die Rechtzeitigkeit ggfls. erforderlicher Maßnahmen werden aufgeführt; als ein wesentlicher Faktor können sich spezielle Bedingungen spezieller Risikobewertungssysteme für Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen erweisen.
●Projekte, bei denen von vornherein zweifelsfrei erkennbar ist, dass ihre Ergebnisse nicht rechtzeitig verfügbar sind, sollten entsprechend gekennzeichnet sein. Sonst kann die Art der Realisierung des Netzausbaus unter der irreführenden Annahme erfolgen, dass auf evtl. anfallende Erkenntnisse möglicher nicht akzeptabler Gesundheitsrisiken rechtzeitig reagiert werden kann.
●Ein grundsätzliches Defizit des Forschungsprogramms besteht darin, dass kaum eines der Projekte den heutigen Kenntnisstand der molekularbiologischen Signalverarbeitung berücksichtigt, der zur angemessenen Erforschung von Wirkungsmechanismen erforderlich ist.
●Selektive Verbesserungshinweise beziehen sich z.T. auf die generelle Vorgehensweise, z.T. auf wissenschaftliche Inhalte.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorrangige Kriterien zur Bewertung des Forschungsprogramms des BfS im Rahmen des Strahlenschutzes beim Stromnetzausbau
(I) Erfüllung der Aufgaben des BfS
(II) Rechtzeitige Beiträge zu hinreichenden Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen
2. Bewertung von BfS-Projekten
2.1 Bewertungstabelle für die BfS-Projekte
2.2 Bewertung von BfS-Projekten anhand der Bewertungstabelle
3. Grundsätzliche Defizite des Forschungsprogramms
Anhang
A1 Hemmfaktoren für die Rechtzeitigkeit hinreichender Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen
A1.1 Definition für rechtzeitige Beiräge
A1.2 Zeitauwendige Forschungsmaßnahmen je nach Bedingungen von Risikobewertungssystemen für Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen
A1.3 Ineffizienter wissenschaftlicher Ansatz des Projekts
A1.4 Sonstige zeitauwendige Vorgehensweisen
A2 Effiziente Ansätze mit Chancen für rechtzeitige Ergebnisse hinreichender Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen
1. Vorrangige Kriterien zur Bewertung des Forschungsprogramms des BfS im Rahmen des Strahlenschutzes beim Stromnetzausbau
Der folgende Kommentar bezieht sich das geplante Forschungsprogramm der Bundesanstalt für Strahlenforschung im Rahmen des Strahlenschutzes beim Stromnetzausbau. Dieses ist vorgestellt in [1] (s. Literaturzitate).
(Der Kommentar bezieht sich nur auf ausgewählte Punkte.)
Vorrangige Kriterien zur Bewertung der BfS-Projekte :
Die beiden vorrangigen Kriterien in diesem Kommentar zu dem Forschungsprogramm-Vorschlägen des BfS sind:
(I) Erfüllung der Aufgaben des BfS,
(II) Rechtzeitige Beiträge zu hinreichenden Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen.
Zu (I): Das Forschungsprogramm muss geeignet sein, die Aufgaben des BfS ( siehe [1][2]) zu erfüllen.Stichworte hierzu:
- Aufgaben als Strahlenschutzfachbehörde in Deutschland
- Ermittlung und Bewertung gesundheitlicher Risiken
- Empfehlungen zum Schutz (z.B. Grenzwerte) u. zur Vorsorge vor gesundheitlichen Auswirkungen
- Ziel: im Sinne der Vorsorge bestmöglicher Strahlenschutz
- Minimierung der Exposition [3]
- Identifizierung neuer wichtiger Erkenntnisse aus der Forschung
- Konsequente Erforschung wissenschaftlicher Unsicherheiten
- Aufzeigen von Handlungsnotwendigkeiten u. Entscheidungserfordernissen für die Politik und Verwaltung
Besonders wichtig ist eine unmissverständliche Risikokommunikation an Entscheidungsträger wie oberste Richter und Politiker.
Hier besteht offensichtlich dringender Bedarf. Z.B. wird in aktuellen Urteilen des BVerwG zur Urteilsbegründung die Aussage „Bestehende Grenzwerte schützen“ verallgemeinert eingesetzt - ohne den stark eingegrenzten Bereich zu berücksichtigen, für den diese Aussage nur gilt.
(Die allgemeine Erwartungshaltung hingegen dürfte sein, dass bei dieser Aussage auch der Schutz vor Krankheiten wie z.B. Krebs gemeint ist.)
Zu (II): Das Forschungsprogramm „Strahlenschutz beim Stromnetzausbau“ muss geeignet sein, rechtzeitige Beiträge zu hinreichenden Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen zu liefern.
Der relevante Stromnetzausbau“ ist der aktuelle schon laufende bzw. unmittelbar geplante Stromnetzausbau.
Forschungsergebnisse, die erst nach der Fertigstellung des Großteils des Stromnetzausbaus nutzbar werden können nicht dazu beitragen, dass nicht akzeptable oder vermeidbare Gesundheitsrisiken minimiert werden. Sie sind nicht rechtzeitig.
Ein Forschungsprogramm, das großenteils keine rechtzeitigen Ergebnisse liefert oder gar nicht liefern kann, dürfte nicht unter dem Titel „Strahlenschutz beim Stromnetzausbau“ laufen.
Die verfügbare Zeitspanne ist somit kleiner als:
(Z1) der Realisierungszeitraum des Stromnetzausbaus minus
(Z2) dem Zeitbedarf für die Ableitung von Vorsorgemaßnahmen bzw. Schutzvorschriften aus den Forschungsprojektergebnissen.
Der Zeitbedarf für die Ableitung von Vorsorgemaßnahmen bzw. Schutzvorschriften ist seinerseits bestimmt durch die Anforderungen der Art des Risikobewertungssystems, das die Bedingungen für Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen festlegt (Weitere Details hierzu s. Anhang A1).
2. Bewertung von BfS-Projekten
2.1 Bewertungstabelle für die BfS-Projekte
Themenfeld:
|
||
Bedeutung der Bearbeitung des Themenfeldes unabhängig vom Zeitrahmen : essentiell/ hoch /fragwürdig /keine
|
||
Projekt:
|
||
Priorität:
|
||
Kriterium Rechtzeitigkeit:
|
Unerfüllbar Unwahrscheinlich |
- langjährige Untersuchungen erforderlich |
Kriterium Wissenschaftlicher Ansatz:
|
Unangemessen |
|
Sonstige Kommentar: …….
|
Die Bewertung „unangemessen“ kann die Bewertungen „falsch“ und/oder „völlig ineffizient“ einschließen. Die Bewertung „falsch“ kann z.B. erfolgen, wenn wissenschaftlich inkorrekte Ansätze gemacht werden oder wesentliche neue Erkenntnisse ignoriert werden .
2.2 Bewertung von BfS-Projekten anhand der Bewertungstabelle
Themenfeld:
1. Aufklärung eines möglichen Zusammenhangs zwischen niederfrequenten Magnetfeldern und neurodegenerativen Erkrankungen |
||
Bedeutung der Bearbeitung des Themenfeldes unabhängig vom Zeitrahmen: essentiell
|
||
Projekte:
1.1 Metaanalyse zum Zusammenhang von neurodegenerativen Erkrankungen und Magnetfeldexposition 1.2 GepoolteAnalyse zum Zusammenhang von amyotropher Lateralsklerose (ALS) und Magnetfeldexposition (Machbarkeit 2018) 1.3 Internationaler Workshop zum Zusammenhang zwischen neurodegenerativen Erkrankungen und Magnetfeldexposition (2017) 1.4 Wirkungen niederfrequenter Magnetfelder auf dieEntstehung und den Verlauf von ALS im Tiermodell (in vivo) 1.5 Wirkungen niederfrequenter Magnetfelder auf dieEntstehung und denVerlauf von ADim Tiermodell (in vivo) 1.6 Wirkmechanismen niederfrequenter Magnetfelderbei der Entstehung von ALS in Zellkultur (in vitro) 1.7 Wirkmechanismen niederfrequenter Magnetfelder bei der Entstehung von AD in Zellkultur (in vitro) |
||
Priorität: Priorität 1 für Projekte 1.1-1.3 von BfS ist nachvollziehbar
|
||
Kriterium Rechtzeitigkeit:
|
Unerfüllbar
|
Proj. 1.1-1.7:
ineffiz. wissenschaftl. Ansatz
Proj. 1.1-1.3, 1.6, 1.7: sonst. zeitverzögernde Vorgehensweise
Proj. 1.4, 1.5:
wg. Bedingungen Risikobewertungssystem
|
Kriterium Wissenschaftlicher Ansatz:
|
Unangemessen
problematisch |
|
Sonstiger Kommentar: |
Themenfeld:
2. Bestimmung von Wahrnehmungs- und Wirkungsschwellen |
||
Bedeutung der Bearbeitung des Themenfeldes unabhängig vom Zeitrahmen: essentiell
|
||
Projekte:
2.1 (abgeschlossen) 2.2 (hier nicht kommentiert) 2.3 Wirkungs-und Wahrnehmungsschwellen von Kontaktströmen und Funkenentladungen bei Hochspannungsgleichstrom und Hochspannungs-wechselstrom 2.4 Wirkungen auf das zentrale und das periphere Nervensystem aufgrund von im Körper induzierten niederfrequenten elektrischen Feldern |
||
Priorität: Priorität 1 für Projekte 2.1,2.3 von BfS ist nachvollziehbar Priorität 2 für Projekt 2.4 von BfS sollte Priorität 1 erhalten
|
||
Kriterium Rechtzeitigkeit:
|
Unerfüllbar
|
Proj. 2.3, 2.4
(für Wirkungsschwellen ): langjährige Untersuchungen erforderlich |
Kriterium Wissenschaftlicher Ansatz:
|
nicht beurteilbar
|
|
Sonstiger Kommentar: siehe sonstiger Kommentar zu Themenfeld 1 |
Themenfeld: |
||
Bedeutung der Bearbeitung des Themenfeldes unabhängig vom Zeitrahmen: hoch |
||
Projekte: |
||
Priorität: Im Vergleich zu den Prioritäten anderer Arbeitsfelder erscheint die durchgängige Priorität 1 für alle Projekte (nach BfS) nicht nachvollziehbar. |
||
Kriterium Rechtzeitigkeit: |
Unerfüllbar
|
- wegen spezieller Bedingungen des Risikobewertungssystem (Tierversuche) |
Kriterium Wissenschaftlicher Ansatz: |
(hier nicht kommentiert) |
|
Sonstige Kommentar: Die Projekte erscheinen in ihrer Gesamtheit als Musterbeispiel, wie auch nach einem weiteren Jahrzehnt keine Ergebnisse erzeugt werden können, aus denen gfls. verpflichtenden Vorsorgemaßnahmen abgeleitet werden können. (siehe Anhang A). |
Themenfeld: |
||
Bedeutung der Bearbeitung des Themenfeldes unabhängig vom Zeitrahmen: hoch |
||
Projekt: |
||
Priorität: Im Gegensatz zur Priorität 3 (nach BfS) erscheint die Priorität 1 angemessen. Begründung s. sonstiger Kommmentar |
||
Kriterium Rechtzeitigkeit:
|
Unerfüllbar
|
Keine Projektbearbeitung
|
Kriterium Wissenschaftlicher Ansatz:
|
nicht beurteilbar
|
|
Sonstige Kommentar:
1) Begründung der Bedeutung: Das von Hochspannungsleitungen stammende Feld (ELFEMF) im Körper ist eine unspezifische Einwirkung, ELFMF wirkt im Prinzip auf alle Gewebe, Zellen und Biomoleküle ein! ELFMF kann somit auf unterschiedliche Signalwege an verschiedenen Stellen des Körpers einwirken, die sich gegenseitig beeinflussen können! Deshalb kann ELFMF mehrere Veränderungen mit unterschiedlichen Konsequenzen bewirken, die erst in Kombination schädlich werden könnten. Bsp: Kokanzerogenität durch ELFEMF + UV-Strahlung: möglicher Ansatz: ELFEMF behindert/verändert Moleküle, die für UV-Schutz wichtig sind. 2) Tierversuche dürften der ineffizienteste Ansatz sein, um zu ersten Ergebnissen zu kommen. |
Themenfeld: |
||
Bedeutung der Bearbeitung des Themenfeldes unabhängig vom Zeitrahmen: hoch |
||
Projekte:
6.1 Bewertende Literaturstudie zum Auftreten und zurAusbreitung von Korona- Ionen (2018) 6.3 Numerische Berechnung der Absorption von ionisierten Partikeln in der Lunge 6.4 Messungen der Absorption von ionisierten Partikeln im Lungenphantom |
||
Priorität: : Priorität 1 für die Projekte von BfS ist nachvollziehbar
|
||
Kriterium Rechtzeitigkeit:
|
Unerfüllbar
|
langjährige Untersuchungen erforderlich
ineffizienter wissenschaftlicher Ansatz |
Kriterium Wissenschaftlicher Ansatz:
|
unzureichend
|
s. Kommentar
|
Sonstiger Kommentar: |
Themenfeld: |
||
Bedeutung der Bearbeitung des Themenfeldes unabhängig vom Zeitrahmen: essentiell |
||
Projekte: |
||
Priorität: Priorität 1 für die Projekte von BfS ist nachvollziehbar |
||
Kriterium Rechtzeitigkeit: |
Möglich |
|
Kriterium Wissenschaftlicher Ansatz: |
unzureichend |
s. Kommentar |
Sonstiger Kommentar: |
Themenfeld: |
||
Bedeutung der Bearbeitung des Themenfeldes unabhängig vom Zeitrahmen: hoch |
||
Projekte: |
||
Priorität: Die Prioritäten 1 von BfS können nicht nachvollzogen werden (s. sonstiger Kommentar) |
||
Kriterium Rechtzeitigkeit: |
Möglich |
|
Kriterium |
unzureichend |
s. Kommentar 1) |
Sonstige Kommentar:1) Die hohe Bedeutung dieses Themenfeldes bezieht sich vorrangig auf eine unmissverständliche Risikokommunikation an Entscheidungsträger wie oberste Richter und Politiker. Hier besteht offensichtlich dringender Bedarf. Z.B. wird in aktuellen Urteilen des BVerwG zur Urteilsbegründung die Aussage „Bestehende Grenzwerte schützen“ verallgemeinert eingesetzt - ohne den stark eingegrenzten Bereich zu berücksichtigen, für den diese Aussage nur gilt. (Die allgemeine Erwartungshaltung dürfte sein, dass bei dieser Aussage auch der Schutz vor Krankheiten wie z.B. Krebs gemeint ist.) |
3. Grundsätzliche Defizite des Forschungsprogramms
Die Ablehnung der Einführung strengerer Grenzwerte oder verpflichtender Vorsorgemaßnahmen wird seit ca. 20 Jahren unverändert mit unzureichenden Kenntnissen über Wirkungsmechanismen begründet, die gesundheitsschädigende Wirkungen niederfrequenter elektromagnetischer Felder (ELFEMF) erklären könnten. Ebenso wird seit ca. 20 Jahren von wissenschaftlichen „Bewertungskommissionen“ eine bessere Erforschung hypothetischer oder sich andeutender Wirkungsmechanismen gefordert.
Diese Anforderung kann das vom BfS vorgestellte Forschungsprogramm nicht leisten. D.h., die bis heute übliche Begründung für die Ablehnung der Einführung strengerer Grenzwerte oder verpflichtender Vorsorgemaßnahmen bleibt erhalten.
Ein Grund dafür ist, dass kaum eines der Projekte den heutigen Kenntnisstand der molekularbiologischen Signalverarbeitung berücksichtigt, der zur angemessenen Erforschung von Wirkungsmechanismen erforderlich ist.
Das mag seinerseits dadurch begründet sein, dass die Ermittlung des Forschungsbedarfs offensichtlich großenteils aus früheren Bewertungen verschiedener Organisationen abgeleitet wurde, die ihrerseits großenteils auf jahrzehntealte Forschungsansätze beruhen ( s. „Ermittlung des Forschungsbedarf“ [1b], S.5). Ausnahmen davon, wie z.B. einige Ansätze in der zitierten Research Agenda (2016 IEEE/ICES), werden kaum berücksichtigt . ARIMMORA, das einzige im Rahmen des EU-Forschungsprogramm verfolgte aktuellere Projekt (2011-2015), das laut Projektbeschreibung auch durch ELFEMF bedingte Wirkungsmechanismen zum Thema hat, wird nicht zitiert.
Anhang
A1 Hemmfaktoren für die Rechtzeitigkeit hinreichender Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen
A1.1 Definition für rechtzeitige Beiräge
Die verfügbare Zeitspanne (Tverf) ist kleiner als der Realisierungszeitraum des Stromnetzausbaus.
Innerhalb dieser Zeitspanne müssen verwertbare Forschungsergebnisse anfallen (TF) und die Verwertung der Forschungsergebnisse durch Umsetzung in Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen erfolgen (TVS, sofern erforderlich).
T verf < TF + TVS
Die vorgesehene Laufzeit des Forschungsprogramms beträgt 6 Jahre[1b].
Als rechtzeitig (Trz) werden hier alle Projekte bewertet, bei denen der geschätzte benötigte Zeitraum für verwertbare Forschungsergebnisse und die Umsetzung in Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen unter sieben Jahren liegt.
Trz = TF + TVS < 7 Jahre
D.h. dass für alle schon begonnenen Teilstrecken des Stromnetzausbaus die Forschungsprojekte im Hinblick auf Streckengestaltung und –führung nicht rechtzeitig sind.
Sie könnten allerdings zu einer nachträglichen Einschränkung der Betriebsführung führen, was die Wirtschaftlichkeit reduzieren dürfte.
A1.2 Zeitauwendige Forschungsmaßnahmen je nach Bedingungen von Risikobewertungssystemen für Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen
Die Art, der Aufwand und damit der Zeitbedarf der erforderlichen Forschung zur Klärung von Fragestellungen, was dann ggfls. in Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen umgesetzt werden kann, ist bestimmt durch die Anforderungen der Art des Risikobewertungssystems, das die Bedingungen für Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen festlegt.
Fazit: Die Anforderungen des jeweiligen Risikobewertungssystems bestimmen letztlich die Chance für die Rechtzeitigkeit hinreichender Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen.
Ausgestaltung des Risikobewertungssystems: Art der ausgewählten Kriterien ↓ Resultierender Forschungsaufwand: Art der benötigten Kapazitäten/Frage der Verfügbarkeit Aufwand/ Frage der Verfügbarkeit Zeitbedarf ↓ Wahrscheinlichkeit für rechtzeitige Ergebnisse |
Ein Beispiel für Bedingungen in speziellen Risikobewertungssystemen, die i.a. eine längere Untersuchungsdauer implizieren, ist die eines nachgewiesenen Wirkungsmechanismus – selbst bei einer hoch signifikanten Korrelation von Exposition mit einem Einflussfaktor und aufgetretenen Gesundheitsschaden. (Diese Bedingung steht im Gegensatz– soweit Vorsorgemaßnahmen betroffen sind - zu den den weitgehend anerkannten Bradford-Hill-Kriterien [4]).
Ein weiteres Beispiel für solche Bedingungen ist die, dass ein gefundener Wirkungsmechanismus widerspruchsfrei durch Tierversuche bestätigt sein muss. Diese Bedingung führt zu einem Zeitbedarf, der sehr leicht zehn Jahre und mehr sein kann.
A1.3 Ineffizienter wissenschaftlicher Ansatz des Projekts
Das Forschunggsprogramm sollte so optimiert sein, dass es innerhalb der verfügbaren Zeit noch zu verwertbaren Ergebnissen führen kann (wie z.B.zu notwendigen Vorsorgemaßnahmen). Siehe hierzu Anhang A2.
Ein Beispiel für ineffizientes Vorgehen ist die Durchführung von Tierversuchen zum Nachweis für Wirkungsmechanismen.
Manche Probleme erfordern aufgrund ihrer Komplexität zwangsläufig eine Forschungsdauer, die größer ist als die verfügbare Zeitspanne (s.o. A1.1). Das ist bei einigen Projekten schon von Anfang an erkennbar. Diese Information sollte Teil der Projektbeschreibung sein. Sonst kann die Art der Durchführung des Projektes (Netzausbau) unter der irreführenden Annahme erfolgen, dass auf evtl. anfallende Erkenntnisse möglicher nicht akzeptabler Gesundheitsrisiken rechtzeitig (!) reagiert werden kann.
A1.4 Sonstige zeitauwendige Vorgehensweisen
Es gibt viele Möglichkeiten, die Erreichung eines Projektziels so zu verzögern, dass seine Ergebnisse nicht rechtzeitig genutzt werden können.
Besonders deutliche Beispiele hierür:
(Bsp1) Wahl einer nachrangigen Priorität der Teile des Projektes, deren Ergebnisse als Voraussetzung für Vorsorgemaßnahmen gefordert werden. Beispiele für notwendige Ergebnisse:
- Bessere Ermittlung der tatsächlichen Stärke des Einflussfaktors,
- Nachweis von Wirkungsmechanismen (falls dieser Nachweis als eine wesentliche Bedingung für die Realisierung von Vorsorge- bzw. Schutzmaßnahmen gefordert wird).
(Bsp2) Verschieben des Arbeitsbeginn bis zur „Standortbestimmung“ und Priorisierung des Handlungsbedarf in geplanten „Positionspapieren“ aus Expertenkonferenzen, Workshops etc. , ohne dass anschließend entsprechende Aktivitäten erfolgen. Beispiele:
(Bsp2a) 1996: „Übereinstimmend wird jedoch die Notwendigkeit weiterer Forschungsarbeiten unterstrichen - vor allem zur Klärung der biologischen Wirkungsmechanismen.“ [BfS Information 13/96]
(Bsp 2b ) 2001: „Es ist notwendig, die Kenntnisse über gesundheitliche Beeinträchtigungen bei Exposition durch el.-magn. Felder durch weitere Forschung zu verbessern“
„.. neurodegenerative Erkrankungen .. kausaler Zusammenhang kann nur über weitere Forschung geklärt werden“ [Strahlenschutzkommission, 173. Sitzung]
(Bsp2c) 2007: „There is a need to further refine micro-dosimetric models in order to take into account the cellular architecture of neural networks and other complex suborgan systems ..“
[.. joint sponsorship of .. the International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection, and the World Health Organization, Environmental Health Criteria 238 (Report)]
(Bsp2d) 2008: „Die aus Sicht der Bundesregierung bestehende Forschungslücke … soll mit einer derzeit noch im Ausschreibungsprozess befindlichen Studie „Einfluss niederfrequenter elektromagnetischer Felder auf …. das Immunsystem und das Zentralnervensystem in vivo“ geschlossen werden.“ [Antwort der Bundesregierung (Drucksache 16/10701) auf eine Kleine Anfrage] S. auch die Bewertungstabelle zu Themenfeld 3.
A2 Effiziente Ansätze mit Chancen für rechtzeitige Ergebnisse hinreichender Schutz- bzw. Vorsorgemaßnahmen
Ein effizienter Ansatz muss Ergebnisse liefern, die hinreichend sind zur Ableitung von Vorsorge- bzw. Schutzmaßnahmen.
Das muss innerhalb des Zeitraums erfolgen, in dem diese Maßnahmen noch eingerichtet werden können („verfügbare Zeitspanne“, s. A1.1) .
Der wissenschaftliche Ansatz muss - im Gegensatz zu den meisten jetzigen Ansätzen – auf den Findungen der Molekularbiologie und der Signalverarbeitung des 21. Jahrhunderts aufgebaut sein.
Die Auswahl der Untersuchungsmethoden und die Art des Vorgehens (z.B. Auswahl der Zwischenziele als mögliche Entscheidungshilfen) müssen auf den verfügbaren Zeitraum ausgerichtet sein.
Konkrete Ausführungen hierzu sollen in einem separatem Beitrag des Autors dieses Kommentars gebracht werden.
Literaturzitate
[1a] http://www.bfs.de/DE/bfs/wissenschaft-forschung/bfs-forschungsprogramm/stromnetzausbau/
netzausbau_node.html
[1b] BfS-Forschungsprogramm "Strahlenschutz beim Stromnetzausbau"
(PDF, 1 MB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)
[2] [http://www.bfs.de/DE/bfs/wissenschaft-forschung/forschungsverstaendnis/forschungsverstaendnis_node.html;
jsessionid=6C70DF9A819F1A50B400DE6F3C46A9FE.1_cid374]
[3] Novellierung der 26. BImSchV 2013
[4] Strahlenschutzkommission (SSK, 248. Sitzung), Vergleichende Bewertung der
Evidenz von Krebsrisiken durch elektromagnetische Felder u. Strahlungen, 2011